Anmerkungen des Regisseurs Frédéric Fonteyne zu «Une liaison pornographique»
Eines Tages, als ich mit Philippe Blasband spazieren ging (ich weiss nicht mehr genau, ob wir auf dem Hinweg oder dem Rückweg von einem Vergnügungspark waren), erzählte er mir von seiner Idee für einen neuen Roman mit dem Titel „Une liaison pornographique“. Da dieser Titel mich neugierig machte, bat ich ihn, mir die Geschichte zu erzählen. Nachdem ich die Geschichte gehört hatte, sagte ich ihm, dass ich grosse Lust hätte, sie zu verfilmen.
Eine Woche später, auf einer Terrasse über dem Platz Brouckère, zog Philippe eine erste Version des Drehbuchs von „Une liaison pornographique“ aus seiner Tasche. Ich ging sofort nach Hause, las und liebte es. Die Story gefiel mir, eine echte Liebesgeschichte! Da sind Menschen wie Du und ich, von denen man weder die Namen kennt, noch etwas von ihrer Vergangenheit weiss. Nur eine Frau und ein Mann, die sich mit der Absicht treffen, eine sexuelle Phantasie auszuleben, die sie gemeinsam teilen. Aber schon beim ersten Treffen verlieben sich die beiden ineinander: Liebe auf den ersten Blick, die bei den weiteren Treffen noch vertieft wird.
Ein Treffen zwischen einer Frau und einem Mann. Alle Drehbuchautoren finden die genialsten Ideen nachts, wenn sie schweissgebadet aufwachen und diese in ihr neben dem Bett liegendes Notizbuch schreiben. Wenn sie die Ideen am morgen in ihrem Notizbuch lesen, folgen diese oft dem Schema: „Ein Mann liebt eine Frau.“
Der Rest muss nun geschrieben werden. Jede Liebesgeschichte hat etwas spezielles, einzigartiges, eine bestimmten Ausgangspunkt: Gemeinsame Freunde oder ein Treffen im Büro, auf der Strasse oder einem Fest.
Was ist es, was zwischen einem Mann und einer Frau eine wechselseitige Anziehung auslöst, so dass sie sich eines Tages sagen: „Ich liebe Dich!“. Warum trennen Sie sich wieder? Was von einer Liebe übrigbleibt, ist, nicht die Liebe, sondern die Geschichte und die Erinnerung, die man an sie hat. Wie hat alles begonnen? Was ist passiert? Was habe ich in Erinnerung behalten? Was habe ich vergessen?
Alle lieben Liebesgeschichten, die eigenen und die der Anderen. Das ist eine Sache, die mir an dem Drehbuch sehr gut gefallen hat. Zwei Menschen, die sich vor einer Kamera offenbaren, die uns erzählen, was sie zu erzählen haben. Sie folgen ohne Zweifel einem Bedürfnis, das wir alle haben: Wir stellen unsere Schmerzen und Leidenschaften in der Öffentlichkeit dar, weil wir sie mit anderen teilen möchten, um sie nochmals durchleben zu können.
Ich mag die kleinen Unterschiede – bedeutsam oder nicht – zwischen Darstellung der Frau und der des Mannes. Ich mag die Idee, die Geschichte aus drei Gesichtspunkten zu zeigen: Aus der Sicht der Frau, aus der des Mannes und aus der, was die Kamera uns zeigt.
Was mich wie immer in erster Linie interessiert hat, sind die kleinen Pausen und das, was zwischen den Wörtern passiert. Ich hatte Lust, Gesichter von Menschen zu filmen, die miteinander sprechen und die sich erinnern. Und in diesem Sinne wird der Film pornographisch. Die Beziehung wird ausgestellt, in ihrer intimen Durchleuchtung steckt etwas obszönes. Aber nicht auf der Ebene des Sex, sondern auf der Ebene der Wortes.
Für mich zeichnet sich eine Liebesgeschichte dadurch aus, dass sie einen Anfang, eine Mitte und ein Ende hat. Und nur das Ende erlaubt es, sie erzählen zu können.