Rezensionen / Presse zu «Megacities»



Isabella Reicher, "Der Standard", 1999

Der Bioskop-Mann zieht mit einem tragbaren Miniprojektor durch die Strassen in Bombay. Oben auf dem Blechgehäuse ist die Filmrolle montiert, an den Seiten gibt es kleine Sichtfenster, durch die seine kindlichen Kunden die Abenteuer der Helden aus Bollywoood verfolgen. Die Geschwindigkeit bestimmt der Mann mit der Kurbel. Einmal sieht man den Bauchladenkino-Betreiber beim Montieren seiner Filmstreifen - er näht sie ganz einfach mit einem Bindfaden zusammen. (...)

«MEGACITIES» heisst der neue Film des österreichischen Regisseurs Michael Glawogger («Die Ameisenstrasse», «Kino im Kopf»). In vier gigantischen Stadtgebilden - Bombay, New York, Mexico City und Moskau - hat Glawogger gedreht, seine Beobachtungen jeweils mit einzelnen Bewohnern und Bewohnerinnen verknüpft. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie an vorderster (oder unterster) Front mit den Lebensbedingungen in diesen Städten konfrontiert sind, ihren Lebensunterhalt durch körperlichen Einsatz in teilweise extremen Formen erarbeiten müssen. «MEGACITIES» ist keine politische oder historische Reportage, keine Analyse. Man erfährt nichts über grössere Strukturen, an die die Situation der einzelnen Personen rückgebunden ist. Nicht alles, was bunt ist, ist auch pittoresk. Der Widerspruch, der zwischen Lebensbedingungen und ihrem stilisierten filmischen Abbild aufklafft, der Zwiespalt zwischen einem schönen Bild und einer prekären Situation, ist insofern interessant, als er das Publikum herausfordert, sich genau damit zu konfrontieren. (...) MEGACITIES ist ein dokumentarischer Film, der aus inszenierten Bildern besteht. Die Debatten, die sich daran entzünden können und die «MEGACITIES» sicher provoziert, betreffen allerdings grundsätzlichere Fragen und nicht nur diesen einen Film.

SIDE B