Rezensionen / Presse zu «Ibiza»

Laura Daniel, www.cinemabuch.ch

Nina kriegt von ihrer Mutter eine Reise zum 15. Geburtstag geschenkt: Nach Ibiza soll es gehen, wo sie ihr „erstes Mal“ erleben möchte, das steht fest, und zwar ganz romantisch mit einem schönen spanischen Surfer. Ihre Freundinnen sind bereits neidisch und sie mächtig stolz. Schon steht Nina mit ihrem Gepäck am Flughafen, als sie zum Informationsschalter gerufen wird, um zu erfahren, dass ihre Mutter im Spital liegt. So ändert sich die Wunschdestination Ibiza kurzfristig in die Worstcase-Destination Meiringen, ein Berner Provinznest: Baggersee statt Palmenstrand sind angesagt. Da nützt auch das extraliebe Getue ihrer Tante nichts. Zudem können sich weder Nina noch ihre Cousine Sandra für die jeweils andere erwärmen. Einzig und allein Sandras Freund Marco entpuppt sich als Lichtblick für Nina. So wendet sie denn auch alle verfügbaren Mittel an, um mit ihm das lang ersehnte erste Mal zu erleben. Doch irgendwie kommt alles anders.

Wie bereits in ihrem Kurzfilm «Supernova» (2000) entwirft Bettina Oberli auch hier eine Geschichte, die nebst ihrer mit Metaphern gespickten Bildsprache, einer guten Musikwahl und einem rhythmisch überzeugenden Schnitt besonders durch ihre Einfachheit und Geradlinigkeit beeindruckt. Ninas Entwicklung in diesem Sommer und die von ihr empfundene Ausgrenzung durch die anderen Jugendlichen werden stimmungsvoll und subtil umgesetzt. Als Zürcher Teenager jedoch scheint die Figur Ninas dann doch etwas unschuldig geraten zu sein, obwohl sie die freche Göre aus der Stadt ziemlich geschickt mimt, wenn sie dem Freund ihrer Cousine Avancen macht oder ihre Kleider aus der Stadt ausführt, die eben einiges cooler sind als die der Dörflerinnen.

Gerade durch die Einfachheit der Geschichte gelingt es Oberli, die Teenager-Realität so unspektakulär und doch dramatisch zu zeigen. Sie nimmt ihre Figuren ernst. Indem sie unserem Amüsement Grenzen setzt, versucht sie, dem schon zur Genüge abgehandelten Thema eine neue Facette zu geben. Was ihr auch gelingt, wenn man davon absieht, dass sie das ganze Adoleszenz-Repertoire bemüht wie Anna Luif in «Summertime» (2000): Liebe und aufkeimende Sexualität, die Suche nach der eigenen Identität, Freundschaft, Eifersucht, Ablösungsprozesse und Einsamkeit. Diesen vermag Oberli nicht viel hinzuzufügen. Wenn Nina am Schluss ihrem bisher verschmähten Verehrer Beachtung schenkt, so wirkt dies etwas abgedroschen. Trotzdem ist Ibiza geglückt, besonders wenn wir beim Ausruf von Ninas Freundinnen: «Meiringe? Du Armi! Döt hesch ja so nüüt erläbt!» ihren Sommer Revue passieren lassen und merken, wie wir mit Nina in unsere eigene Teenager-Zeit zurückversetzt wurden.

SIDE B