Anmerkungen des Regisseurs Rudolph Jula zu «cattolica»
«cattolica» ist ein Film über ein Familiengeheimnis, das jahrelang gehütet wurde und bei seiner Auflösung wiederum ein neues Geheimnis entstehen lässt. Am Anfang steht eine Liebesgeschichte, die die Mutter ihr Leben lang verschwiegen hat. Martin, der ältere Sohn, will den Schleier der Vergangenheit lüften. Durch das Aufspüren des Vaters erfahren die beiden Söhne, was damals geschehen ist. Doch niemand sonst wird eingeweiht, Stefan hält seine wahre Identität vor dem leiblichen Vater geheim.
Martin und Stefan sind Brüder, und sie haben eine besondere Art von Männerfreundschaft. Stefan ist ein ganz anderer Typ als Martin, hedonistisch, jung, verwöhnt und scheint nie mit grösseren Problemen konfrontiert worden zu sein. Martin hingegen verkörpert den introvertierten Mann, dessen Ideal von Liebe es ist, ohne grosse Worte zu kommunizieren. Er spricht im Film auch die Sprache des Landes nicht und kann bei den wichtigsten Begegnungen nur hören, ohne zu reden.
Die Suche nach dem Vater macht Martin und Stefan zu Schicksalsgenossen. Erst durch die gemeinsame Reise entwickelt sich eine Beziehung. Der Film hält sich mit Kommentaren zurück und überlässt es dem Zuschauer, diese Entwicklung zu beobachten. In «Cattolica» führen die beiden Protagonisten keines jener bekannten Lagerfeuergespräche, in denen sie sich die intimen Momente ihres Lebens gestehen.
In den wirklich entscheidenden Momenten des Lebens sind es nicht die Worte, die im Vordergrund stehen. In Männerfreundschaften wird genau über die wichtigsten Dinge nicht geredet. Im Zeitalter der Selbstoffenbarung kann das durchaus wohltuend sein. Martin und Stefan werden vielleicht einmal lange Gespräche miteinander führen. Aber erst nachdem sie die gemeinsame Erfahrung der Italienreise und der Suche nach dem Vater gemacht haben und sich so ein Stück näher gekommen sind.